Hillenberg

Vorgeschichte

Die Berge südlich von Warstein bestehen aus Massenkalk mit einem Anteil von bis zu 97% Calziumcarbonat. Daher eignet sich dieser Kalkstein besonders für die Verarbeitung im Hüttenprozess, bei der Zementherstellung, für den Straßenbau und für andere chemische Herstellungsverfahren.

Die Devon/Karbon-Grenze im Rheinischen Schiefergebirge

Diese Berge werden von großen Wäldern bedeckt. Daher ist der Ursprung für die Industriebahn zum Hillenberg in der Holzwaren- und Speisefettindustrie zu finden.

Seit 1888 ein Strafzoll für den Import von Speisefett / Margarine für das Deutsche Reich verhängt wurde, hatten Unternehmer die Produktion an deutsche Standorte verlegt, die gut mit Oelsaaten aus dem Ausland beliefert werden konnten. Die Fertigprodukte für die Hausfrau wurden damals als Würfel, in bedrucktes Pergamentpapier gewickelt, auf den Markt gebracht; die Ware für Großverbraucher in Holzfässern.

So erwarb die Margarinefabrik Jurgens & Prinzen (J&P) aus Goch am Niederrhein ein Holzproduktewerk in Warstein um diese Holzfässer und Holzkisten für die Verpackung der Margarinewürfel im eigenen Konzern zur Verfügung zu haben. In 1929 wurde zusammen mit dem Konkurenten Van den Bergh´s die „Margarineunion AG“ gegründet. Im gleichen Jahr entstand durch die Fusion mit dem englischen Seifenhersteller Lever die „Unilever“.

Die im Süden der Stadt Warstein an der Range hergestellten Holzwaren wurden mit Pferdefuhrwerken zum Bahnhof der WLE im Norden der Stadt transportiert. Durch den hohen Bedarf an diesen Kisten und Fässern baute J&P die Fabrik weiter aus. 1925 wurde der Wunsch laut, die Kistenfabrik durch ein Gleis mit dem Bahnhof zu verbinden. Um eine Abwanderung der J&P Produktion zu verhindern begannen im Frühjahr 1928 erste Planungen für diesen Anschluß. Am 23. Juni 1928 verhandelte der Bürgermeister in Goch und am 29. Juni wurde die Anlage der Industriebahn Warstein durch die Stadtverordneten Versammlung beschlossen.

Die Holzproduktefabrik auf der Range in Warstein 1929

Bauherr und Eigentümer würde die Stadt Warstein sein. Der Bau erforderte eine Vielzahl von Grundstücken in der dicht bebauten Stadt im Tal der Wester und einen Durchstich unter der Straße Oberhagen. Am 14. März 1929 wurden die Einsprüche der Bürger gegen die Abgabe der Grundstücke in Arnsberg verhandelt und abgelehnt. Der Bau wurde sofort in Angriff genommen.

Auch der Steinbruchbesitzer Risse hatte Interesse an einer Gleisverbindung zu seiner Abbaustelle am Hillenberg. So wurden zwei Teile der Industriebahn geplant: Das Gleis A vom Bahnhof zum Steinbruch am Hillenberg und das Gleis B, etwa in der Mitte der Bahn A abzweigend, zur Holzkistenfabrik.

(Archiv WLE)

Am 29. Dezember 1929 wurde der Vertrag mit der WLE über die Betriebsführung auf der Industriebahn geschlossen und die Bahn damit in Betrieb genommen. Das Gleis der Bahn B konnte am 11. Juli 1930 in Betrieb gehen, die Abnahme durch die Aufsichtsbehörde erfolgte am 26. Juni 1931.

Das Sägewerk Fisch erhielt 1940 einen Anschluß an der Steinstraße.

(Archiv WLE)

Der Bau

Wie beschrieben erforderte der Bau einige Grundstücksteilungen, zwei Wohnhäuser mußten abgerissen werden.

Gründungsarbeiten an der Wester (Foto: Archiv WLE)
Durchstich durch den Oberhagen mit Behelfsbrücke (Foto: Archiv WLE)
Brücke über die Bahn B (Archiv WLE)
Abnahmefahrt der Behörde oder doch die Eröffnung am Hillenberg? (Foto: Archiv WLE)
Luftbild mit dem Steinbruch am Hillenberg, 1960 (Foto: Sammlung Riegel)

Die weitere Geschichte der Bahn B wird im Beitrag „Hohe Lieth“ beschrieben.

Betrieb am Hillenberg

Die Fahrten auf der Industriebahn wurden als Rangierfahrten vom Bahnhof Warstein (Wn) aus durchgeführt. Die Entwicklung des Betriebs läst sich über die Jahre gut nachvollziehen.

Fahrplan 1933

I 8.00 ab Wn – 9.00 an Wn

III 12.00 ab Wn – 13.00 an Wn

IV 15.30 ab Wn – 17.00 an Wn

Schon 1937 / 1938 wurden die Gleisanlagen am Hillenberg erweitert. Am 1. Februar 1938 wurde ein Ergänzungsvertrag mit der Gewerkschaft Christiansglück geschlossen, die eine Verladestation für Erz von der Grube David errichtete. Das Erz wurde mit einer 1,2 km langen Seilbahn herangebracht. Es wurden 15 bis 20 tsd Tonnen Erz pro Jahr verladen.

Auf diesem Gleisplan von 1948 ist die Seilbahnstation noch vorhanden und auch die ursprüngliche Weichenlage zu erkennen (Archiv WLE)
Später wurde auch das Gleis David vom Steinbruch Albers genutzt (Archiv WLE)

Fahrplan 1940

Rf 362 9.20 ab Wn – 10.45 an Wn

Rf 363 12.00 ab Wn – 13.00 an Wn

Rf 364 15.30 ab Wn – 17.00 an Wn

Im September 1949 wird die Grube David geschlossen, die Verladung am Hillenberg endet.

Schon seit Eröffnung der Bahn zum Hillenberg wurden hier auch Kalksteine verladen. Diese wurden von den Frimen Risse, Köster und Albers am gleichnamigen Berg gewonnen und so, wie aus dem Berg gesprengt, in Om Wagen verladen. Ziel für diesen Kalkstein waren die Zementwerke im Raum Beckum und Ennigerloh und die Hüttenbetriebe im Ruhrgebiet. Nur die Firma Albers betrieb auch einen Brecker, so dass Schotter hergestellt und verladen werden konnte (she. Gleisplan oben).

Zu Beginn der 1950er Jahre wurden von der WLE die Omi Kippmuldenwagen entwickelt, um die Umladeprozesse der Kalksteine bei der Anlieferung in den Zementwerken zu vereinfachen. Dies erforderte auch Umbauten an den Verladeanlagen im Hillenberg.

Die alten Verladeanlagen, Juli 1950 (Foto: Archiv WLE)
Alte Schütten und beladene Omm, Juli 1950 (Foto: Archiv WLE)
Der neue Omi neben dem Brecher Albers auf dem ehemaligen David-Gleis, Juli 1950 (Foto: Archiv WLE)

Unter der Verladung Albers, Juli 1950 (Foto: Archiv WLE)

.

Die umgebauten Verladerutschen mit Omi Wagen, Mitte der 1950er (Foto: Archiv WLE)

Fahrplan 1952

Rf 385 B 8.30 ab Wn – 9.00 an Wn

Rf 386 B 9.45 an Wn – 11.00 an Wn, Übergang auf Dg 6328 – 12.37 ab Wn

Rf 387 14.00 ab Wn – 14.30 an Wn

Rf 388 B 15.15 ab Wn – 16.30 an Wn, Übergang auf Dg 6330 – 17.40 ab Wn

Rf 389 B 23.30 ab Wn – 0.30 an Wn, Übergang aus Dg 6331 (Leerzug) an Wn 23.21

Fahrplan 1958

Rf 375 B 5.10 ab Wn – 6.00 an Wn, Übergang aus Dg 6329 (Leerzug) an Wn 23.40

Rf 376 B 8.15 ab Wn – 9.25 an Wn

Rf 377 B 11.15 an Wn – 12.25 an Wn, Übergang aus Dg 6333 an Wn 9.42 und auf Dg 6328 – 13.05 ab Wn

Rf 378 B 15.15 ab Wn – 16.30 an Wn, Übergang auf Dg 6330 – 15.35 ab Wn

Rf 379 B 17.00 ab Wn – 17.30 an Wn

Die nächste große Veränderung brachte die Einführung der der Flachbodenkipper Fd60, ebenfalls eine Entwicklung der WLE mit der Fahrzeugindustrie. Es erfolgten einige Umbauten am Hillenberg: die Weichenverbindung zwischen Gleis 1 und 2 wurde gedreht und eine Rampe für die Beladung der Fd Wagen errichtet. Diese konnte nur von den niedrigen Fd Wagen befahren werden.

Das Vorbild für das aktuelle Modul „Hillenberg“ (Sammlung Riegel)

Am 14. November 1960 wurden die neuen Wagen auf dem Hillenberg vorgestellt.

(Foto: Archiv WLE)
(Foto: Archiv WLE)
(Foto: Archiv WLE)

Fahrplan 1962

Rf 375 B 6.25 ab Wn – 7.15 an Wn, Übergang aus Dg 6329 an Wn 22.42 und Dg 6333 an Wn 5.46

Rf 376 B 8.10 ab Wn – 9.25 an Wn, Übergang auf Dg 6326 – 11.00 ab Wn

Rf 377 B 10.30 an Wn – 12.00 an Wn, Übergang aus Dg 6335 an Wn 9.12

Rf 378 B 13.50 ab Wn – 15.00 an Wn, Übergang aus Dg 6337 B an Wn 13.02 und auf Dg 6328 – 14.00 ab Wn und Dg 6330 – 15.45 ab Wn

Rf 379 B 16.00 ab Wn – 17.00 an Wn, Übergang auf Dg 6334 – 17.30 ab Wn

So ruhig und leer wie auf den Fotos vom November 1960 war es nun auf dem Hillenberg selten. Die Zahl der zu beladenen Steinzüge nahm fast jährlich zu.

Beladung an der Fd Rampe (Foto: Archiv WLE)

Nachdem bei fast allen Zementwerken die Entladung für Fd Wagen eingerichtet waren erfolgte ein Umbau von Omi auf Fd in der Hauptwerkstatt. Es sollten auch auf dem Hillenberg mehr Fd Wagen beladen werden können und das Ende des Omi Gleis wurde höher gelegt.

(Archiv WLE)
(Archiv WLE)

Die Rangierzeiten auf dem Hillenberg wurden länger, eine Lok verbrachte ihren ganzen Tag dort, die leeren Wagen wurden zwischendurch von anderen Loks zugestellt und die Beladenen abgeholt. Für jeden Dg ab Warstein waren 20 bis 25 Wagen zu beladen, also täglich zwischen 80 und 100 Wagen!

Fahrplan 1967

Rf 376   6.25 ab Wn – 16.45 an Wn, Übergang aus Dg 6329 an Wn 22.35 und Dg 6333 an Wn 5.45

Rf 377   7.45 ab Wn – 9.00 an Wn

Rf 378   9.30 ab Wn – 10.30 an Wn, Übergang auf Dg 6324 – 11.30 ab Wn

Rf 379   10.30 an Wn – 12.00 an Wn, Übergang aus Dg 6335 an Wn 9.30

Rf 380   12.55 ab Wn – 13.45 an Wn, Übergang auf Dg 6328 – 14.12 ab Wn

Rf 381   13.55 ab Wn – 15.00 an Wn, Übergang auf Dg 6332 – 15.35 ab Wn

Rf 376   vom Vormittag – 16.45 an Wn, Übergang auf Dg 6334 – 17.30 ab Wn

Beladung von Omi, 1970 (Foto: Hans Hild, LWL Archiv)
Beladung von Fd im neuen Teil, 1970 (Foto: Hans Hild, LWL Archiv)
Ein wichtiges Hilfsmittel auf dem Hillenberg war der Bagger um vorbeigefallene Steine aufzusammeln und Ladungen in das Lichtraumprofil zu rücken, 1970 (Foto: Hans Hild, LWL Archiv)
Die Verladung Albers etwa 1970 (Foto: Sammlung Plogmaker)
Höhergelegtes Gleis, Albers und die Fd Rampe, etwa 1970 (Foto: Sammlung Plogmaker)

Fahrplan 1971

Rf 376   6.25 ab Wn – 13.15 an Wn, Übergang aus Dg 329 an Wn 22.48 und Dg 333 an Wn 5.37

Rf 377   7.45 ab Wn – 9.00 an Wn

Rf 378   9.30 ab Wn – 10.30 an Wn, Übergang auf Dg 324 – 11.31 ab Wn

Rf 379   10.35 an Wn – 13.30 an Wn, Übergang aus Dg 321 an Wn 10.12

Rf 380   12.55 ab Wn – 13.45 an Wn, Übergang auf Dg 328 – 14.10 ab Wn

Rf 381 B 12.50 ab Wn – 16.45 an Wn, Übregang auf Dg 336 B  – 15.30 ab Wn

Rf 382   14.00 ab Wn – 15.15 an Wn, Übergang auf Dg 332 – 16.10 ab Wn und Dg 334 – 17.20 ab Wn

Volle Gleise beim Besuch des Verkehrsauschuß des Landtages am 14. Januar 1972 (Foto: Archiv WLE)
Wurde auch Schotter verladen? 1973 (Foto: Archiv WLE)

Am 21. Mai 1973 konnte die neue Verladeanlage der Firma Köster an der Hohen Lieth in Betrieb genommen werden (she. Beitrag „Hohe Lieth“) und am Hillenberg wurden nur noch Steine für die Zementwerke verladen, die über eine eigene Brecheranlage verfügten.

Nur noch Fd Wagen am 7. April 1977, der Brecher Albers ist verschwunden (Foto: Riegel)
Beladung am 7. April 1977 (Foto: Riegel)
Volle Gleise 1978 (Foto: Archiv WLE)
Endzeitstimmung mit Phönixroten Fd, 1984 (Foto: Loer)
Herbstlicher Abschied vom Hillenberg 1984 (Foto: Loer)

Im Sommer 1986 wurden die Gleise zum Hillenberg ab der Weiche zur Bahn B abgebaut. Auf dem Gelände befindet sich heute das Wasserwerk der Stadt Warstein.

Modell

Die beiden Versionen vom Hillenberg als FREMOdul werden in ein eigenen Beitrag unter der Gruppe „Modell“ vorgestellt.

Quellen

Sammlung Christoph Riegel

Mendelin, Tüllmann: Schützenpost Warstein 2019

Thelen-Khoder: Jurgens und Prinzen, Fassholzfabrik Warstein

Kückmann, Beyer, Von Warstein bis ins Münsterland, DGEG Medien

Archiv WLE in Soest und Lippstadt

FREMO WLE Zoom Mai 2022 -> Forts. Juni 2022

Diverse Netzfunde